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innesang.com: Bibliothek der Minnesänger

                                                                              

Frauenlob Manesse-Bild

Minnesang.com
Dr. Lothar Jahn
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Heinrich von Morungen auf CD (in Kontrafakturen oder Neuvertonungen, da kein Notenmaterial überliefert):

Burg Falkenstein CDBurg Falkenstein.
Minnesänger-
Wettstreit
2005
.
(Heckenreiter) Auf diesem Album befindet sich "Nein, ja!", die Minneklageparodie Morungens, dargeboten von Thomas Schallaböck und Dulamans Vrröudenton.
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Falken, Lerchen CDFalken,
Lerchen,
Nach- tigallen.

(Hecken- reiter)
Auf diesem Album stimmt Holger Schäfer das "Lied von der Schwalbe" an, in Kontrafaktur einer Melodie von Daude de Prahas.
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European MinnesangEuropean Minnesang
Festival.

(Verlag der Spielleute) Hier sind Dulamans Vröudenton mit Thomas Schallaböcks Vertonung des Tageliedes "Owê - sol aber iemer mê" zu hören.
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Faun Von den ElbenFAUN: Von den Elben.
(Polydor/ Universal) Eins der schönsten Morungenlieder bieten Faun seit Jahren in einer modernen, mystisch angehauchten Neuvertonung an. Es ist Titelstück des Albums "Von den Elben" und in einer noch schöneren Version auf dem Album "Licht" (Curzweyhl).



VIDEOS:

"Owê - sol aber iemer mê", Thomas Schallaböck und Christine Zienc

"Das Lied von der Schwalbe",
Holger Schäfer

"Von den Elben"
, Faun (Originalversion)

"Von den Elben", Faun (neuere Version)



  HEINRICH VON MORUNGEN
von Dr. Lothar Jahn

Heinrich von Morungen  ist ein großer Poet mit bildhafter Sprache, die Minne wird bei ihm oft als krankmachende, ja geradezu tödliche Macht beschrieben, der man sich entziehen möchte und doch nicht kann. Er ist eine geradezu moderne Dichterpersönlichkeit mit eigenständigen Stilwillen.

Ein programmatisches Lied, das das Minnesängerschicksal auf den Punkt bringt, ist Morungens Lied von der Schwalbe ("Ez ist site der nahtegal"): "Es ist die Art der Nachtigall zu verstummen, wenn ihre Liebe vollendet ist. Ich folge jedoch der Schwalbe, die weiter singt, egal, ob sie Erfüllung findet oder nicht. Ich habe gesungen, gebetet und gefleht und doch nie Erhörung gefunden. Oh weh, um meine beste Lebenszeit, meine hellen und schönen Tage, die ich in ihrem Dienst verschwendet habe!" Dass der Minnesang nun die Kunst des leidenden Minnedieners ist, wird nun mit Händen greifbar.

Die französische Tradition hat sich, als Morungen zu dichten beginnt (zwischen 1160 und 1170) nämlich völlig durchgesetzt. Das gilt auch für die Textgestaltung: Einfache Paarreime, wie wir sie vom Kürenberger und dem Donauländischen Minnesang kennen, sind  nicht mehr gefragt. Das aus dem Provenzalischen kommende Vorbild ist die Kanzone, eine längere Strophe, die aus zwei gleichhgebauten Stollen besteht, deren Schlusszeile auf den selben Reim endet. Den beiden Stollen folgt ein anders gebauter Strophenschluss, der sogenannte „Abgesang“.  Diese Form wird nun von den deutschen Minnesänger immer wieder individuell ausgestaltet.

In einer Zeit, als die Vereinheitlichung der Minneformeln noch nicht geprägt ist, besticht er durch seine eigenständige Sprache. Die
Art der Darstellung des Liebesleides wirkt auf heutige Leser sehr lebensnah, individuell und fast schon biografisch. Peter Kesting bezeichnet ihn deshalb in der Deutschen Biografie als den "Leidenschaftlichsten der Minnesänger".  Neben Walther benutzt er die meisten Bilder in seinen Texten.  Er hat außerdem eine spürbare Nähe zur Mystik: Geistliches und Weltliches, Sinnliches und Übersinnliches verschmelzen. Er preist die geradezu überirdische Schönheit der edlen vrouwe wie der Kleriker seine Jungfrau Maria.

Dabei beschränkt er sich nicht nur auf die christliche Tradition: In einem seiner bekanntesten Lieder berichtet er "von den Elben", diesen Zauberwesen aus der nordischen und germanischen Mythologie,  Lichtgestalten und Zauberwesen von magischer Schönheit. Mit deren Magie setzt er seine Herrin gleich und die Macht, die sie über ihn hat, der der Sänger völlig verfallen ist. Eine weitere Quelle ist die griechische Mythologie.

Prägend ist das Nebeneinander von Minnepreisung und bewegender Minneklage: Die Dame ist so herrlich und schön und einzigartig, gleichzeitig aber fern und unerreichbar, dass an eine Erfüllung der Sehnsucht auf dieser Erde nicht zu denken ist. Hier ist der ganz nah bei den großen, klagenden Poeten der Trobadorkunst wie Ventadorn und Rudel.  Die Klage verdichtet sich in einer Strophe, in der das lyrische Ich verichert, auch im Jenseits werde es der Dame weiter dienen: Nur die Unendlichkeit und Ewigkeit wird der Größe der geschilderten Zuneigung und Abhängigkeit gerecht. 

Heinrich von Morungens Individualität macht ihn für uns heute zu einem der interessantesten Minnesänger überhaupt, ja, für den überragenden Dichter seiner Zeit. Diese Wertung war aber zu seiner Lebenszeit nicht selbstverständlich, der Bilderreichtum und seine ausgeprägte Emotionalität, die Eigenheiten im Stil irritierten seine Zeitgenossen. Noch für lange Zeit galt Reinmar von Hagenau als die alles überragende Schöpferfigur.

Eine Erklärung könnte sein, dass beim Minneänger gerade das Nicht-Individuelle, Überpersönliche, die bei aller Raffinesse des Stils auch einfache, direkt zugängliche Ausdrucksweise gesucht wurde. Schätzen wir spätestens seit der Klassik das Besondere, aus der Masse Herausstechende im literarischen Schaffen, so wurde der Minnesänger eher als Sprachrohr allgemeiner Befindlichkeit goutiert. Er sollte die Erfahrungen von Abhängigkeit, Sehnsucht und Dienst an der Sache allgemeinverständlich in klare Worte fassen, und das auf maßvolle, zurückhaltende Art.

Die Minne ist die "vil süeziu senftiu toeterinne", bei aller Schönheit und Süße von gewalttätiger, todbringender Macht. Dieser Gedanke durchdringt sein Werk, er widerspricht der Demut des Sängers, der "mâze", die nicht nur dem Fürsten, sondern auch dem Dichter abverlangt wird.

Das große, überbordende Gefühl, die völlige Hingabe an die Dichtkunst, aber auch an die unlösbaren Rätsel des Lebens und der Liebe machten sein Werk schwer zugänglich und machten ihn für seine Zeit zu einer Art literarischen Sonderling, der fast überhaupt nicht stilprägend wirkte.

Heinrich von Morungen Manesse Am zugänglichsten für seine Zeitgenossen war wohl das Tagelied "Owê - sol aber iemer mê": Mann und Frau reflektieren getrennt voneinander über die Erlebnissse in einer verbotenen Liebesnacht, die Strophen im Wechsel - hier hat man noch deutliche Bezüge auf die Wechselgesänge des Kürenbergers bei gleichzeitiger Adaption der Alba-Form un d -Thematik der Trobadors.  Kunstvoll reflektiert der Kürenberger den Moment des Abschieds und der ungewissen Frage eines erneuten Zusammentreffens der Liebenden - ohne dabei die Außenwelt in Form des drängenden Wächters oder eines morgendlichen Hörnerklanges ins Spiel zu dringen. Es geht allein um das erfahrene Glück im Aurgenblick des Erkennens seiner Endlichkeit.  Ein zartes, sensibles Lied.

Sympathisch macht es Morungen aber auch, dass er alle Kunstfertigkeit und Gefühlstiefe auch einmal für einen trotzigen Moment des Aufbegehrens gegen die Grundkonstellation des Minnedienstes hinter sich lässt und damit die erste Minne-Parodie, ja, den ersten Gegengesang anstimmt. Am Ende des zweistrophigen Liedes "Vrowe, wilt du mich genern" heißt es ganz schlicht:

Du sprichest iemer neinâ neinâ nein, neinâ neinâ nein.
daz brichet mir mîn herze enzwein.
maht du doch eteswenne sprechen jâ, jâ jâ jâ jâ jâ jâ jâ?
daz lît mir an dem herzen nâ.


Du sagt immer "nein, nein, nein, nein, nein, nein",
Das will mir noch mein Herz entzwei'n.
Warum sagst du nie: "ja, ja ja ja ja ja ja ja"?
Das käm meinem Herzen nah!




Heinrich von Morungen
Heinrich von Morungen, Miniatur aus der Weingartner Liederhandschrift

Lebensdaten:
Heinrich von Morungen wurde um 1150 geboren. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem Hendricus von Morungen, der auf der Burg Morungen in der Nähe von Sangerhausen zur Welt kam.  Für die thüringische Heimat spricht auch der Dialekt des Dichteres. 1217 trat Hendricus in Leipzig ins Thomanerkloster ein, dort soll er 1222 verstorben sein. Der Klostereintritt wird durch eine Urkunde festgestellt, in der er den Verzicht auf eine Jahresrente, die er vom Markgrafen Dietrich IV. von Meißen errhielt, zugunsten des Klosters erklärt. Damit hat er sich offensichtlich Kost und Logis bis zum Lebensende im Kloster gesichert. Quellen aus dem 16. Jahrhundert sprechen von einer Indienfahrt Morungens, nach der er in Leipzig verstorben sei. Dies ist wahrscheinlich aber nur eine Legende, die auf die Sage "vom edlen Moringer" (erstmals um 1300) zurückgeht.

Überlieferung
35 Minnelieder in 115 Strophensind überliefert, im Codex Manesse (C) finden sich 104 Strophen. Weitere Strophen sind in der Weingartner Liederhanschrift (B) und der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift zhu finden, sowie im Trossschen Fragment. Notenmaterial ist überhaupt nicht überliefert, man muss sich also, wenn man Morungen-Lieder singen möchte, mit Kontrafakturen oder Neuvertonungen begnügen.


DAS LIED VON DER SCHWALBE

Ez ist site der nahtegal,
swanne sî ir liep volendet, sô geswîget sie.
dur daz volge aber ich der swal,
diu durch liebe noch dur leide ir singen nie verlie.
Sît daz ich nu singen sol,
sô mac ich von schulden sprechen wol:
ôwê,
daz ich ie sô vil gebat
und geflêhte an eine stat,
dâ ich genâden nienen sê!

Ôwê mîner besten zît
und ôwê mîner liehten wunneclîchen tage –
waz der an ir dienste lît!
nu jâmert mich vil manger senelîcher klage,
die si hât von mir vernomen
und ir nie ze herzen kunde komen.
ôwê,
mîniu gar verlornen jâr,
diu riuwent mich für wâr –
in verklage si niemer mê!

Es ist die Art der Nachtigall
zu schweigen, wenn ihre Liebe sich zum Ende neigt. – 
So folge ich jedoch der Schwalbe,
die weder in der Liebe noch im Leid ihr Singen lässt.
Da ich nun also singen muss,
kann ich mit vollem Recht behaupten:
O weh,
dass ich die ganze Zeit
so sehr gebeten habe und gefleht,
dort, wo ich niemals Erhörung finde!

O weh um meine beste Lebenszeit,
o weh um meine hellen, schönen Tage –
wie viele ich davon in ihrem Dienst verschwendet habe!
Es reut mich manche sehnsuchtsvolle Klage,
die sie von mir vernommen hat,
und die doch nie zu ihrem Herzen vorgedrungen ist.
O weh um meine ganz und gar verlornen Jahre, die tun mir schmerzlich leid –
ich will sie immerfort beklagen!

Text: Heinrich von Morungen
Übersetzung: Hans Hegner 2009

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