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Frauenlob Manesse-Bild

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Walther auf CD:

Walther
DIVERSE: Walther von der Vogelweide - Saget mir iemen: waz ist Minne? 
- Auf voller CD-Länge setzen sich so unterschiedliche Künstler wie Ioculatores,  Poeta Magica, Knud Seckel und Violetta mit Walther auseinander. Neben Kontrafakturen und überlieferten Klängen stehen auch Neukompositionen. Mit einer nur auf dieser CD erhältlichen "Ouwe"-Neueinspielung von Ougenweide!
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Binkley
THOMAS BINKLEYS STUDIO FÜR FRÜHE MUSIK: Troubadours, Trouvères Minstrels
- Die umfangreiche Doppel-CD mit einem kompletten Überblick über die Entwicklung des Minnesangs enthält natürlich auch Walther: Zu hören sind ein mitreißender "Gerhart Atze", das morgenländisch instrumentierte Palästinalied und ein zartes "Under der linden".

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Walther Bärengässlin
BÄRENGÄSSLIN: Walther von der Vogelweide
- Die legendäre LP mit Walther-Liedern gibt es nun auch auf CD. Michael Korths Einspielungen atmen mit dezentem Folk- und Liedermacher-Toch den Geist der 70er.
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Palästinalied
DIVERSE: Palästinalied-
Die 33-Minuten-CD enthält alle überlieferten Strophen des Palästinaliedes inklusive der zur selben Melodie gesungenen lateinischen Lobpreisung des Epikur aus den Carmina Burana. Das Konzeptalbum ist ein faszinierende Crossover-Projekt von unterschiedlichen Gruppen der Mittelalterszene von Poeta Magica bis Corvus Corax, von Faun bis zu van Langen, der die Idee zum Album hatte.
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WALTHER VON DER VOGELWEIDE
von Dr. Lothar Jahn

Er ist die Nachtigall – bestimmt die Minnesängerschar nach dem Tode Reinmars von Hagenau anzuführen. So urteilte schon ein kritischer Zeitgenosse wie Gottfried von Straßburg in einem Exkurs über den Minnesang innerhalb seines Tristan-Romanes. Es geht um den Mann, der jedem Deutschen einfällt, wenn man nach dem bekanntesten Minnesänger fragt: Walther von der Vogelweide.

Dass er der Größte und Wichtigste der Sänger ist, das entsprach Anfang des 13. Jahrhunderts, in der Hochphase seines Schaffens, auch Walthers Selbstbild. Er fühlte sich berufen, das Ideal der Hohen Minne in Frage zu stellen und lieferte sich dabei eine Art „Fehde“ mit Reimar („der Alte“), für den die geradezu masochistische Lust am Leid die Antriebsfeder des Schaffens war, und an dessen Liedern Walther zunächst seine Kunst geschult hatte, wenn er nicht gar ein Lehrer und Mentor am Babenberger Hof für ihn war, was naheliegt, sich aber historisch nicht zweifelsfrei belegen lässt. Er konterte Reinmars Lieder mit eigenen, kritischen Strophen im Originalton und bissigen Satiren. Er stellte schließlich Hohe Minne wie Niedere Minne gleichsam in Frage und suchte nach dem Ideal der „Ebenen Minne“, wo ein Gleichklang des Begehrens herrscht. In seinem berühmten „Muget ir schouwen“ steht an der Stelle des demütigen Minne-Dieners der kecke Verführer. In seinem Frauenpreis „Si wunderwol gemachet wîp“ preist er nicht nur die roten Wangen der Holden und ihre herrlichen Füße, sondern vor allem das „Dazwischen“. Er schildert nämlich, wie er sie beim Bade beobachtet und resümiert: „Ich hete ungerne «decke blôz!» gerüefet, do ich si nacket sach.“ Dieses Lied beschließt er übrigens mit einer bösen Spitze gegen Reinmar, der in einem Lied einen heimlichen Kussraub bei seiner Herrin geschildert hatte. Walther klaut der nackten Schönen statt eines Kusses ein Kissen, das so wunderbar nach ihr riecht. 

Eines der bekanntesten Lieder Walthers ist das auch heute noch viel gesungene „Under der linden“, bei dem sich ein Mädchen die wunderbare Erinnerung einer Liebesnacht im Freien mit einem zärtlichen Liebhaber schildert. Wüsste einer, was geschah, so würde sie sich schämen, aber nur die Nachtigall war Zeuge und die wird schön stille sein. Walther hatte die Inspiration zu dem Lied offenbar durch das französischen Trouvères-Lied „En mai au douz tens nouvel“ bekommen. Hier schläft jemand am Fuße des Baumes und ein Vöglein singt – Walther griff Versmaß und Strophenbau auf, bis dahin dass das lautmalerische „Saderalladon“ zu „Tandaradei“ wurde, er füllte aber die Szenerie mit neuem, erotischen Inhalt. Sein „Herzeliebes frouwellîn“ setzte die programmatische Ausrichtung fort: Es ist besser mit einer „niedriger“ gestellten Frau die Liebe wirklich zu erleben, als ein „höhere“ Dame nur anzuschwärmen und sich von ihr schlecht behandeln zu lassen.

Nicht nur im Minnesang setzte Walther seine eigenen Akzente, auch in der Sangspruchdichtung mit moralischen, vor allem aber auch tagespolitischen Inhalten trat er meinungsstark und selbstbewusst auf. Das zeigt schon sein bekanntester Sangspruch „Ich saz uf eime steine“: Walther sitzt und sinniert auf einem Stein, wie „man zer werlte solte leben“, er beklagt die unruhigen, von Gewalt geprägten Zeiten. Dieses Bild wurde in den Walther-Miniaturen der Manessischen und der Weingartner Handschrift festgehalten und ist fest im kollektiven Gedächtnis verankert. In einer weiteren Strophe im selben Ton fordert er Philipp von Schwaben auf, die Kaiserkrone zu nehmen. Auch in späteren Zeiten scheut er sich nicht, klar Stellung zu beziehen: Er lobt und tadelt Fürsten, Könige, Kaiser, ja sogar den Papst.

Dabei kann die Position sich auch verändern: So begrüßt er zuerst mit „Hêr keiser sit ir willekomen“ den Welfenkaiser Otto IV., den er später wegen seines Geizes wieder tadelt. Ähnlich geht es Landgraf Hermann von Thüringen, in dessen Hofkreis er sich erst sehr wohlfühlt, wie er verkündet, um ihn später zu tadeln, dass es auf der Wartburg laut und unruhig zugeht und Hermann sein Vermögen in zweifelhafter Gesellschaft verprasst. Lob und Tadel sind sicher immer auch bestimmt von der gerade genossenen Fürstengunst und wird nicht immer uneigennützig ausgegeben: Lange bemüht sich Walther um ein Lehen und möchte sesshaft werden. Als Friedrich II. ihm schließlich dazu verhilft, ist ihm Walthers Loblied gewiss.

Große Berühmtheit hat auch heute noch Walthers Palästinalied, zu dem 15 Strophen überliefert sind, darunter vielleicht auch manche, die später hinzugefügt wurde. Sicher ist das Lied auch Kreuzzugspropaganda, aber sie enthält sich doch jenes penetrant selbstgewissen Tones, den etwa Rugge und Johannsdorf an den Tag legen. Walther preist die Schönheit des Heiligen Landes und weist darauf hin, dass „kristen, juden unde heiden“ (Heiden = Moslems) in diesem Land ihr religiöses Erbe sehen. Dabei zeigt er, ungewöhnlich genug, Respekt vor den Juden: Die soll man fragen, wenn man in Zweifel ist, welche Wunder dieses Land zu bieten hat. Gleichwohl ist er sich in der Schluss-Strophe sicher, dass die Christen am Ende siegreich aus dem langen Kampf hervorgehen werden. Das Lied, dessen Melodie mit dem Text im Münsteraner Fragment überliefert ist, wird gerne in Bezug gesetzt zu Jauffre Rudels unendlich traurigen Trobadorlied „Lanquand li jorn“. Tatsächlich gibt es Ähnlichkeiten im Strophenbau, so dass eine Inspiration nicht ausgeschlossen ist. Aber: Der Grundcharakter der Melodien ist doch sehr unterschiedlich, die Grundstimmung unterscheidet sich zu stark, als das von einer Art „Coverversion“ ausgegangen werden könnte. Ganz zu schweigen vom Inhalt der Texte!

Schließlich sei noch Walthers Altersklage erwähnt, die berühmte dreiteilige Elegie. Der berühmte erste Teil „Owê war sint verswunden alliu miniu jâr“ ist ähnlich wie das Lindenlied und der Steinspruch von zeitloser Schönheit und Wahrheit, der resignative Rückblick auf ein fast vollendetes Leben rührt auch heute noch an. Ebenso altbekannt, vielleicht aber auch für Walthers Horizont ein wenig zu mäkelig ausgefallen, ist die Klage über die heutige Jugend („Owê wie jaemmerliche“). Die beiden Teile sind einer breiteren Öffentlichkeit bekannt durch die sehr markanten, mit eigenen Melodien versehenen Vertonungen durch die Folk-Rock-Band Ougenweide in den Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Weniger bekannt ist der Schlussteil des Triptychons: Hier sieht man Walther in Todesahnung, den Blick auf Jerusalem, eigentlich aber schon auf das Jenseits gerichtet. Er hofft, dass durch die Besinnung auf Gott jedes „Owê“ hinfällig wird.

Walther von der Vogelweide
Walther von der Vogelweide, Miniatur aus der Manessischen Liederhandschrift

Lebensdaten:
Die Forschung datiert ihn zwischen 1170 und 1230. Als Dokument außerhalb von Dichtung ist nur die Schenkung eines Mantels durch den Passauer Bischof Wolfger um 1200 dokumentiert. Aus seinen Liedern erschließt man eine Art Lehrzeit am Babenberger Hof zu Wien, anschließend eine längere Zeit im Umkreis des Thüringer Landgrafen Hermann. Deshalb wird ihm in der um 1250 entstandenen Legende vom Sängerkrieg auf der Wartburg auch eine wichtige Rolle dabei zugewiesen. Weiterhin wirkt er im Umkreis des 1209 gekrönten Welfenkaisers Otto IV., später dichtet er für Kaiser Friedrich II., dem er nach eigenen Worten ein Lehen verdankt. Eine Kreuzzugsteilnahme wäre möglich, verschiedene Lieder legen das nahe. Sein Grab findet sich in Würzburg.

Überliefertes Notenmaterial:
- Palästinalied (Münsteraner Fragment)
- Vil wol gelopter got (Münsteraner Fragment)
- Hêr Volcnant (Münsteraner Fragment)
- Si wunder wol gemachet wîp (Münsteraner Fragment, Neumen)

D
iverse Kontrafakturen:
- Muget ir schouwen (Gautier d'Espinal: Quant je voi l'erbe menue)
-  Uns hât der winter geschât überal (Moniot de Paris: Quant voi les prés flourir)
- Wol mich der stunde (Ventadorn: Quan vei la flor)
- Under der linden (En mai au douz tans novel)
-  Halmorakel (Raimon de Miraval: Chansonetta farai vencutz
- Owê war sint verswunden (im Hildebrandston oder in der Trier-Alsfelder Melodie)

Walther-Töne in der Meistersinger-Überlieferung (Adam Puschmanns Singebuch):
- Ich saz uf eime steine (Reichsklage)
- Herre bâbest/Hêr keiser sît ir wilekomen (Ottenton)
- Gerhart Atze/Diu menscheit muoz verderben

Kolmarer Liederhandschrift
- Herrn Walthers goldne Weise (Walther zugeschrieben)

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LIEDBEISPIEL VON WALTHER

Nideriu minne heizet diu sô swachet,
daz der lîp nâch kranker liebe ringet.
diu minne tuot unlobelîche wê.
hôhiu minne heizet diu daz machet,
daz der muot nâch hôher wirde űf swinget.
diu winket mir nű, daz ich mit ir gê.
mich wundert wes diu mâze beitet:
kumet diu herzeliebe, ich bin iedoch verleitet.
mîn ougen hânt ein wîp ersehen,
swie minneclîche ir rede sî,
mir mac wol schade von ir geschehen.

Nied're Minne kann dich zwar erregen,
Dass der Leib in kranker Lust sich windet,
Diese Minne macht nur schwach und leer.
Hohe Minne kann dich neu bewegen,
Dass der Geist nur edle Ziele findet,
Doch Erfüllung, die winkt nimmermehr.
Mäßigung, wohin wollt Ihr mich führen?
Wird die Liebe neu mein Herz berühren?
Mein Aug. das hat ein Weib gesehen,
So lieblich sie nun auch sprechen mag -
Ach, wird mir ein Leid nun durch sie geschehn?


Originale: Walther von der Vogelweide "Aller werdekeit ein füegerinne", 12./13. Jh.
Nachdichtung: Lothar Jahn 2009

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