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CD "SPRUCHGESANG UND SACHSENSPIEGEL"

Spruchgesang und Sachsenspiegel

präsentiert von Burg Falkenstein und www.minnesang.com


>> Vorstellung der CD im Verlag der Spielleute.


>> CD-Rezension von huscarl.at.

>> CD bestellen für 15 Euro plus 3 Euro Versand hier.


Tracklisting:

01 Vorrede (Sachsenspiegel)

02 Holger Schäfer: Wê dir, aremuote! (Spervogel)

03 Ensemble Lucidarium: Schlange Aspis (Konrad von Würzburg)

04 Triskilian: Do durch der werlde (Der wilde Alexander)

05 Musiktheater Dingo: Der kuninc Rodolp (Der Unverzagte)

06 Die Ungelichen: Fas et nefas (Carmina Burana)

07 Christoph Mächler: Sündege lust (Der Meißner)

08 Hans Hegner: Ich hôrt ein wazzer diessen (Walther von der Vogelweide)

09 Ensemble Unicorn: Verschamter munt (Friedrich von Sonnenburg)

10 Ougenweide: Gerhard Atze (Walther von der Vogelweide)

11 Elster Silberflug: Mammon (Carmina Burana)

12 Frank Wunderlich: Von zwein ungelîchen wegen (Mechthild von Magdeburg)

13 Ensemble Lucidarium: Winder (Konrad von Würzburg)

14 Marcus van Langen: Weh dir, Welt! (Walther von der Vogelweide)

15 Nachrede (Sachsenspiegel)

16 Dagmar Jahn: Geh deinen Weg (Wizlaw von Rügen)



LIEDTEXTE


1. Vorrede (Sachsenspiegel)


2. Spervogel: Sô wê dir, aremuote!


Sô wê dir, aremuote! dű benimst dem man,

sinne unde witze, daz er nicht nekan.

sîne vríunt die tuont des guoten rât,

swenne er des guotes nicht nehât.

sie kêrent im den rucke zuo unde gruozent in vil trâge.

swen der helt mit vullen vert, sô hât er holde mâge.


Waz hilfet dem rosse, daz ez bî dem vuoter stât,

unde ouch dem wolbe, daz er bî den schâfen gât,

unde man ez in béiden tiure tuot?

sô hât ez einer alsô guot,

der véilč vint, des er gert, unde des niht mac vurgelten.

ein liecht in sêndes mannes hant daz vreuwet den blinden selten.


Übersetzung:

So weh dir , Armut! Du bringst einen Mann

Um den Verstand, dass nichts gelingen kann.

Ein Freund gibt nichts als guten Rat,

Wenn man vom Gute gar nichts hat.

Bald dreht er dir den Rücken zu und grüßt dich g'rad noch träge!

Doch den, der lebt im Überfluss, dem bahnt man gern die Wege!


Was hilft's dem Rosse, dass es bei dem Futter steht,

Was hilft's dem Wolfe, wenn er zu den Schafen geht,

Wenn keiner von den beiden fressen darf?

Genauso raubt man dem den Schlaf,

Der findet, was er so begehrt und kann's doch nicht bezahlen.

Ein Licht für den, der sehen kann, beschert dem Blinden Qualen!



3. Konrad von Würzburg: Aspis ein wurm geheizen ist


Aspis ein wurm geheizen ist,

der zuo der erden strecket ein ôre,

und in daz ander stecket sînes zagels ort,

durch daz er kein wispelwort vernem,

sô man in vâhen wil.

Owê daz nű der selbe list

niht mangen herren decket,

der boeser rede sîn ôre enblecket

hie beid unde dort;

dâvon er den schaden bekort,

daz er verliuret êren vil.

Schalc in sînem munde wundebernde sprüche treit,

dâmit er in schande leit nu ritter unde cnehte,

die durch sîn lasterlich gebrehte werdent vil gemeit:

Swaz ein zühtec man geseit, daz hânt si für ein goukelspil.


Übersetzung:


Aspis heißt eine Schlange,

die ein Ohr auf den Boden drückt

und in das andere die Spitze ihres Schwanzes steckt,

so dass sie kein Zauberwort hört,

wenn man sie fangen will.

Schade, dass dieser Trick

nicht auch manche Herren schützt,

wenn falsche Rede ihre Ohren trifft

hier und dort.

Da häuft sich die Schande,

damit verlieren sie ihr Ansehen.

Ein arglistiger Mensch

trägt in seinem Mund verschlagende Redensarten,

damit bringt er hier gute Ritter und Knappen ins Unglück.

Durch das lasterhafte Geschwätz ganz durcheinander geraten:

Was ihnen ein vernünftiger Mann rät, halten sie für Gaukelspiel.



4. Meister Alexander: Do durch der werlde


Do durch der werlde unmysicheit

Herabe von kuninges kunne schreit.

Daz tichten unde daz singen

Von syndehaften sculden ez quam.

Daz daz seitenspiel urlôb nam.

Unde iuncvrouwen spryngen

Do viel ez an die ergeren hant.

Ein arme diet sich es underwant.

Of daz der kunste nicht giengen abe

Do trűgen die herren durch die kunst.

Den selben helfebere gunst.

Unde nerten sie mit varender habe.


Swer in daz recht vűrstűrtzen will.

Der sol yben seytenspil.

Unde nywe lieder singen

Unde scriken tzu der hochetzit.

Also vűr der arken kuninc dauit.

Die brut sol selben springen.

Also kuninc herodes tochter spranc.

So nympt die kunst eynen widerwanc.

Henof sam sie herabe ist komen

Dunct aber űz daz eun scemelich leben.

Unde kunt ir es nicht so sult ir geben.

Den die sich kunst haben an genomen.


Als infolge der Betriebsamkeit der Welt

das Dichten und das Singen

vom Geschlecht der Könige herabgestiegen war -

es beruhte auf sündhaftem Verschulden,

dass das Saitenspiel und der Tanz der Mädchen verschwanden - ,

da fiel es in die Hand geringer Geborener.

Niederes Volk nahm sich seiner an,

damit die Kunst nicht verschwände.

Da wandten die Herren diesem

um der Kunst willen ihr hilfreiches Gönnertum zu

und unterstützten es mit Geld und Gut.


Derjenige, der ihnen das Recht darauf nehmen will,

der soll sich im Saitenspiel üben

und neue Lieder singen

und auf dem Fest tanzen

wie König David vor der Bundeslade.

Die Braut selbst soll tanzen,

wie die Tochter des Königs Herodes tanzte;

dann tritt die Kunst den Rückweg nach oben an,

so wie sie herabgekommen ist.

Scheint euch das aber ein ehrenrühriges Verhalten zu sein

und könnt ihr es gar nicht,

dann sollt ihr die unterstützen,

die die Kunst in ihre Obhut genommen haben.



5. Der Unverzagte: Der Kuninc Rudolp


Der kuninc Rudolp minnet got und ist an truwen stete,

der kuninc Rudolp hat sich manigen schanden wol versaget.

der kuninc Rudolp richtet wol und hazzet valsche rete.

der kuninc Rudolp ist ein helt an tugendenunvorzaget.

der kuninc Rudolp eret got und alle werde vrouwen.

der kuninc Rudolplet sich dicke in hohen eren schouwen.

ich gan im wol, daz im nach siner milte heil geschicht:

der meister singen, gigen, sagen daz hoert er gerne und git in darumme niht.


Ir vürsten und ir landesherren, ir sult des gedenken,

daz iuch got hat zu richtern und zu gnaden uzgekorn.

darumme heizet ir herren, daz ir sult daz unrecht henken

und schaffet den armen liuten vride, so sit ir solgeborn.

truwe unde milte sult ir phlegen, daz tar ich iuch wol raten.

wir haben alle ein kurzes leben, ir ne sult ich niht vorspaten.

ein herre ist alse ein ander man, her ne tu sime adele gelich,

sit vridebere, ir edele vrucht, so git iuch got sin hohez himelrich.


Der König Rudolph, der liebt Gott und ist von großer Treue,

Der König Rudolph hat stets der Versuchung widerstanden.

Der König Rudolph richtet gut und jeden Tag aufs Neue,

Den König Rudolph preist man längst als Held in allen Landen.

Der König Rudolph ehret Gott und alle edlen Frauen,

Der König Rudolph lässt sich beim Ehren stolz beschauen.

Ich wünsch ihm wohl, dass er erstrahlt im Glanze seines Lichts,

Denn seiner Musikanten Spiel, dem lauscht er gern, drum zahlt er ihnen - nichts!


Ihr Fürsten und Ihr Landesherr'n, ihr solltet stets bedenken,

Dass Gott Euch hat voll Gnaden nur zu Richtern auserkoren.

Drum sollt Ihr stets mit Weisheit und Gerechtigkeit uns lenken,

Den Armen schenket Freude, denn dann seid Ihr nicht verloren.

Treu' und Milde sollt Ihr üben, das möcht' ich Euch wohl raten,

Wir haben all' ein kurzes Leben, darum hilft es nichts zu warten.

Dem Herr'n geht's so wie jedem Knecht, im Tode sind wir gleich,

Erblühet, edle Pflanzen, dann gibt Gott Euch auch sein hohes Himmelreich.



6. Carmina Burana: Fas et nefas


Fas et nefas ambulant passu fere pari

prodigus non redimit vitium avari

virtus temperantia quadam singulari

debet medium

ad utrumque vitium

caute contemplari


Si legisse memoras ethicam catonis

in qua scriptum legitur ambula cum bonis

cum ad dandi gloriam animum disponis

inter cetera

hoc primum considera

quis sit dignus donis


Dare non ut convenit non est a virtute

bonum est secundum quid et non absolute

digne dare poteris et mereri tute

famam muneris

si me prius noveris

intus et in cute


Vultu licet hylari verbo licet blando

sis equalis omnibus unum tamen mando

si vis recte gloriam promereri dando

primum videas

granum inter paleas

cui des et quando


Si prudenter triticum paleis emundas

famam emis munere sed caveto dum das

largitatis oleum maie non effundas

in te glorior

quia Codro Codrior

omnibus habundas


Recht und Unrecht Hand in Hand ziehen durch die Lande;

die Verschwendung löscht nicht aus Geizes Schuld und Schande;

Tugend soll, nach rechtem Maß, hierzulande selten, .

in der Mitte stehn und auf beide Übel sehn, sorglich ohne Schelten.


Zeig ein heiteres Gesicht, rede nicht zum Scheine,

freundlich sei zu jedermann, merke dir das eine:

willst du hoch in Anseh`n stehn,

mußt du stets bedenken immerdar aufs neu,

was ist Weizen, was ist Spreu, wen und wann beschenken?


Schenken, wo es grad bequem, macht dir keine Ehre,

schenken sollst du je nachdem, nicht ins Ungefähre;

schenke mit Verstand und Sinn, willst du Ruhm gewinnen,

weißt ja immerhin wie ich heiße, wer ich bin, äußerlich und innen.


Kannst du weislich von der Spreu, so den Weizen scheiden,

bringt dein Schenkertum dir Ruhm;

Drum sollst du vermeiden,

deiner Großmut köstlich Öl töricht zu vergeuden.


7. Der Meißner: Sundege lust


Sundege lust ist also suoze,

Daz da keyn mensche lebet ane sunde.

Mir ist ein leit, daz ich got irtzuornet han so dicke.

Maria helf, daz ich gebuoze,

Unde daz ich mich tzo gote wider vriunde,

unde dem tiubel wider sage, der myr leit manige stricke.

Suone, suone, suonerynne,

Gotes tzorn durch dyne guote.

Lesche, lesche, lescherynne,

Myner sundigen lust gib sulch gemuote.

Helf daz ich dir tzu dienste werde,

Gedenke, daz ich byn ein kranker erde.

Swie vil ich got irtzornet han, doch stet tzuo ym myn gerde.


Übersetzung:


Sündige Lust ist allzu süße,

So kann doch kein Mensch ohne Sünde leben

Mir tut’s leid, dass ich Gott

erzürnet hab so lange.

Maria, hilf, dass ich nun büße,

Um mich auf Gottes Weg zu begeben,

Will dem Teufel widersteh’n,

dass er mich nicht mehr fange.

Sonne, Sonne, Sonne, reine,

Lass doch Gottes Zorn vergehen!

Lösche, lösche, lösche, meine

Sünd’ge Lust! Erhör mein Flehen!

Hilf, dass ich Gottes Diener werde,

Du weißt, ich bin ein krankes Kind der Erde,

Hilf, dass mein Stab zu ihm sich dreht,

dann füg ich mich zur Herde.



8. Walther von der Vogelweide: Reichston


Ich hôrte ein wazzer diezen

und sach die vische fliezen,

ich sach swaz in der welte was,

velt, walt, loup, rôr unde gras.

swaz kriuchet unde fliuget

und bein zer erde biuget,

daz sach ich, unde sage iu daz:

der keinez lebet âne haz.

daz wilt und daz gewürme

die strîtent starke stürme,

sam tuont die vogel under in;

wan daz si habent einen sin:

si dűhten sich ze nihte,

si enschüefen starc gerihte.

si kiesent künege unde reht,

si setzent hêrren unde kneht.

sô wê dir, tiuschiu zunge,

wie stêt dîn ordenunge!

daz nű diu mugge ir künec hât,

und daz dîn êre alsô zergât.

bekêrâ dich, bekêre,

die cirkel sint ze hêre,

die armen künege dringent dich:

Philippe setze den weisen űf,

und heiz si treten hinder sich!

Ich saz űf einem steine

dô dahte ich bein mit beine.

dar űf satzt ich mîn ellenbogen;

ich hete in mîne hant gesmogen

daz kinne und ein mîn wange.

dô dâhte ich mir vil ange,

wie man zer welte solte leben.

deheinen rât kond ich gegeben,

wie man driu dinc erwurbe,

der keines niht verdurbe:

diu zwei sint êre und varnde guot,

daz dicke ein ander schaden tuot.

daz dritte ist gotes hulde,

der zweier übergulde.

die wolde ich gerne in einen schrîn:

jâ leider desn mac niht gesîn,

daz guot und weltlîch êre

und gotes hulde mêre

zesamene in ein herze komen.

stîge unde wege sint in benomen,

untriuwe ist in der sâze,

gewalt vert űf der strâze,

fride unde reht sint sêre wunt –

diu driu enhabent geleites niht,

diu zwei enwerden ê gesunt.


Übersetzung:

Ich hörte einen Fluss rauschen

und sah die Fische schwimmen;

ich sah alles, was es auf der Welt gab,

Feld, Wald, Laub, Röhricht und Gras.

Alles, was kriecht und fliegt

und die Beine auf die Erde setzt,

das sah ich und sage Euch folgendes:

Keines von ihnen lebt ohne Feindschaft.

Die wilden Tiere und die Kriechtiere,

die fechten heftige Kämpfe aus;

ebenso machen es die Vögel untereinander,

nur daß sie in einem Punkt Vernunft haben:

sie kämen sichfür nichts vor,

wenn sie nicht ein starkes Gericht geschaffen hätten.

Sie wählen Könige und Ordnungen,

sie bestimmen Herren und Knechte.

Doch wehe dir, deutsches Volk,

wie steht es mit deiner Rechtsordnung!

Dass nun die Mücke ihren König hat,

und daß deine Würde so zu Grunde geht!

Kehre um, kehre um,

die Kronreife sind zu mächtig,

die kleinen Könige dringen auf dich ein.

Philipp setzte den Waisen auf,

und befiehl ihnen zurückzutreten.


Ich saß auf einem Felsenstein

und schlug ein Bein über das andre Bein.

Drauf stützte ich den Ellenbogen,

in meine Hand hatt' ich geschmiegt

mein Kinn und meine Wange.

So dachte ich darüber nach,

wie man auf dieser Welt wohl leben sollte –

doch keine Antwort wusste ich darauf,

wie man drei Dinge so erwürbe und beisammenhielt',

dass keines wiederum verloren ginge:

Die ersten zwei sind Ansehen und Besitz,

welche sich oft schon gegenseitig stören,

das dritte ist Gottes Gnade,

von noch viel höherem Wert.

Die wünschte ich, in ein Gefäß zu tun. –

Doch leider, nein, es kann nicht sein,

Besitz und Ansehen vor der Welt

und Gottes Gnade noch dazu,

dass sie in einem Herzen zueinander kommen.

Weg und Steg ist ihnen genommen,

Verrat lauert im Hinterhalt,

Gewalt zieht auf der Straße,

Frieden und Gerechtigkeit sind wund bis auf den Tod –

eh diese beiden nicht wieder gesunden,

haben die drei Dinge keinen Schutz..



9. Friedrich von Sonnenburg:Verschamter munt


Verschamter munt du lügevaz,

du hellestric, du triegel,

du vellesal, du erenschur,

diz merke, lügenaere,

du dienest unevuocheit haz, verschamter schandenspiegel,

dich machet erelose lüge gote und der welt unmaere.

Lüge, alles valsches anevanc,

du wurzel alles meiles,

di kurz unsaelde wirt ze lanc

dir we des ungeheiles.

Du aller guoten tat verkius

pfi dich, du reht verkere!

Du dienebloz, du vriuntverlius,

du veigest saelde und ere.


Schamloser Mund, du Lügenfass,

Du Höllenstrick, Betrüger,

Du Unglücksbold, du Ehrenschur, dies merk dir, Lügner, höre:

Verdient hast du den heißen Hass,

Schamloser Schandenspiegel,

Dich macht die ganze Lügerei Gott und der Welt zum Feinde!

Lüge: aller Falschheit Anbeginn,

Du Wurzel alles Bösen,

Dein übles Treiben währt nur kurz und dauert doch zu lang!

Unheil, umhülle dich,

Du jeder guten Tat Verdruss!

Pfui Dir! Du Rechtsverdreher.

Lässt Freunde steh’n, gibt’s Hilfe nie,

Du tötest Glück und Ehre!



10. Walther von der Vogelweide: Gerhard Atze


Mir hât hêr Gêrhart Atze ein pfert

erschozzen zÎsenache.

daz klage ich dem, den er bestât:

derst unser beider voget.

Ez was wol drîer marke wert.

nű hoeret frömde sache,

sît daz ez an ein gelten gât,

wâ mit er mich nű zoget:

Er seit von grôzer swaere,

wie mîn pferit maere

dem rosse sippe waere,

daz im den vinger abe

gebizzen hât ze schanden.

ich swer mit beiden handen,

daz si sich niht erkanden. –

ist ieman der mir stabe?


Übersetzung:

Mir hat Herr Gerhard Atze ein Pferd

erschossen zu Eisenach.

Der Herr, in dessen Dienst er steht,

soll uns die Sache richten.

Drei Goldmark war es gut und gerne wert.

Nun hört die sonderbare Mär,

wie er, wo’s ans Bezahlen geht,

versucht, mir zu entwischen:

Erzählt von großem Schmerz und Weh,

und dass mein wunderbares Pferd

verwandt mit jenem Gaule sei,

der schändlich ihm

den Finger abgebissen hat.

Ich schwöre nun mit beiden Händen,

dass sie sich nie gesehen haben. –

Ist jemand da, der mir den Eid bezeugt?


11. Carmina Burana: Mammon


König und Herrscher auf Erden kann heute der Mammon nur werden.

Alles kann. Mammon sich leisten, zu geben, zu nehmen erdreisten.

Mammon selbst Kanzler dienen mit huldvoll bewundernden Mienen.

Mammon, dem schnöden und feilen, Priester den Segen erteilen.

Mammon hat überall Schranzen, Mammon lässt Lahme tanzen.

IN TERRA SUMMUS REX EST HOC TEMPORE NUMMUS.


Mammon versteht es zu lügen, wird selten der Wahrheit genügen.

Mammon, Idol allen Geizes, ist Spender des ewigen Reizes.

Mammon die Frauen verführet, die edlen, die keiner berühret.

Mammon macht Räuber adlig, macht finstre Gesellen untadlig.

Mammons Diebesgewimmel ist zahlreich wie Sterne am Himmel.

IN TERRA SUMMUS REX EST HOC TEMPORE NUMMUS.


Führet Herr Mammon Prozesse, wahrt er stets nur sein Interesse.

Mammon sieht rings in der Runde Richter mit lächelndem Munde.

Mammon die Weisen verblendet, Klarsicht in Blindheit er wendet.

Mammon lässt gern sich umschmeicheln, von Ärzten und Freunden umheucheln-

Mammon führt nicht nur Kriege, verhilft auch dem Frieden zum Siege.

IN TERRA SUMMUS REX EST HOC TEMPORE NUMMUS.


Frankreichs erlesenste Weine säuft Mammon, und solche vom Rheine,

Auf des Herrn Mammons Tischen die herrlichsten Speisen erfrischen.

Mammon im goldnen Gewande, der prächtigste ist er im Lande.

Mammon tut süß es genießen, wenn alle ergeben Ihn grüßen.

Mammon, den Wundermann, ehren, die seinen Segen begehren.

IN TERRA SUMMUS REX EST HOC TEMPORE NUMMUS.



12. Mechthild von Magdeburg: Von zwein ungelichen wegen


Unser lieber herre sprach:
"Der des gedenket, wie guot ich si, der haltet sich vast' ie an mich."

Unser lieber herre...

Die richeit zergenglicher dingen ist ein ungetruwe gast,
das heilige armuete bringet vor gotte turen last.
Die italkeit gedenket nit an iren schaden,
die stetekeit ist aller tugenden vor geladen.
Die tumpheit behaget ir selb' alleine,
die wisheit kan niemer volle leren.
Der zorn bringet in die sele grosse vinsternisse,
die heilige sanftmuetekeit hat alle gnade gewisse.

Unser lieber herre...

Die hochfart wil ie die beste wesen,
die muetekeit mag nit geruwen,
si muesse sich allen creaturen ze dienste geben.
Die ital ere ist vor gotte toub und blint,
die unschuldige smacheit heiliget alliu gotteskint.
Die valscheit hat den schoensten gelat,
die vollekomenheit ist von den höhsten luten versmah't.
Die girheit het iemer einen grellen munt,
die selige masse hat ie einen suessen grunt.

Unser lieber herre...

Die tragheit versumet richen schatz,
der heilige vlis suochet nit ze sere sin gemach.
Die untruwe git iemer valschen rat,
ganze truwe versumet niemer guote getat.
Die ware geistlicheit mag sich an nieman rechen,
das ungebuwete herze wil ie den friden brechen.
Die gute andaht mag nit boeses began,
der boese wille ist nieman undertan.

Unser lieber herre...

Die argheit hat von natur' einen boesen grunt,
die gütliche gnade hat ein minniglich antlut und einen suessen munt.
Die weltlichen herzen sint gerne achtbar,
die geistlich sele wil iemer anders war.
Die verborgene grimmekeit hat einen sclichten munt,
die offenbar minnesamkeit hat den gottes funt.
Die ungetruwe fare wonet dem hasse vil nahe,
die helige barmherzekeit sol alleine mit gotte gestan.

Unser lieber herre...

Die lugin ist ussen schoen' und innen gruwelich getan,
des wirt si von iren genossen vil lieplich enpfan.
Die warheit ist verstossen durch ir unachtbarkeit,
des mussent alle, die si minnent, liden mit Jhesu manige smacheit.
Der has grimmet iemer an' underlas,
die minne brinnet ane sere, ir ist von allem jamer bas.
Der boese abegunst hasset gottes miltekeit,
das reine herze vol minne froewet sich aller selekeit.

Unser lieber herre...

Die aftersprache schemmet sich vor den luten und vor gotte nit,
der doch alle ding hoeret und siht.
Der zwivel ist ein gruwelich val,
die ware hoffen behaltet es al.

Da zuo hilf uns, herre, dur din selbes ere!
Der valsche trost wirt niemer vro,
die ware schult betruebet in so.

Übersetzung:


Unser lieber Herr sprach:
"Wer bedenkt, wie gut ich bin, der hält sich an mir fest."

Unser lieber Herr...

Der Reichtum vergänglicher Dinge ist ein untreuer Gast,
die heilige Armut fördert zu Gott eine kostbare Last.
Die Eitelkeit bedenkt nicht ihren Schaden,
die Stetigkeit ist mit allen Tugenden voll beladen.
Die Dummheit findet nur an sich selber Behagen,
die Weisheit kann nie genug erfragen.
Der Zorn bringt die Seele in große Finsternis,
die heilige Sanftmut ist aller Gnade gewiß.

Unser lieber Herr...

Die Hoffart will stets die erste sein,
die Demut kann anders nicht ruhen, als allen Kreaturen zu Diensten zu sein.
Die eitle Ehre ist vor Gott taub und blind,
unverschuldete Schmach heiligt das Gotteskind.
Die Falschheit hat das schönste Aussehen,
die Vollkommenheit wird von den Höchsten verachtet.
Die Gier hat immer einen schreienden Mund,
das glückliche Maß stets einen süßen Grund.

Unser lieber Herr...

Die Trägheit läßt reichen Gewinn außer Acht,
heiliger Fleiß ist nicht sehr auf Vorteil bedacht.
Die Untreue gibt immer falschen Rat,
vollkommene Treue versäumt nie gute Tat.
Wahrer geistlicher Sinn kann sich an niemandem rächen,
das ungezähmte Herz will immer den Frieden brechen.
Die heilige Andacht kann nichts Böses begehen,
der böse Wille mag niemandem unterstehen.

Unser lieber Herr...

Die Bosheit hat von Natur einen häßlichen Grund,
die göttliche Gnade ein liebes Gesicht und einen süßen Mund.
Die weltlichen Herzen stehen gerne in Ehren,
die geistliche Seele will stets sich anderswohin kehren.
Die versteckte Grausamkeit hat einen glatten Mund,
die offene Freundlichkeit birgt den Gottesfund.
Die falsche Aufmerksamkeit neigt sich dem Hasse zu,
die heilige Barmherzigkeit hat bei Gott allein Ruh.

Unser lieber Herr...

Die Lüge ist außen schön und innen häßlich gesponnen,
drum wird sie von ihren Genossen sehr liebevoll aufgenommen.
Die Wahrheit verstößt man durch Geringschätzigkeit,
die sie lieben, leiden mit Jesus viel Verächtlichkeit.
Der Haß wütet ohne Unterlass, immerdar,
die Liebe brennt ohne Schmerzen, ist aller Leiden bar.
Die böse Mißgunst haßt Gottes Freigebigkeit,
das reine Herz freut sich liebevoll aller Seligkeit.

Unser lieber Herr...

Die Nachrede schämt sich vor Menschen, vor Gott fühlt sie sich nicht gestört,
der doch alle Dinge sieht und hört.
Die Verzweiflung ist ein furchtbarer Fall,
wahre Hoffnung erhält ihre Güter all.
Dazu hilf uns, Herr, dir selber zur Ehre!
Der falsche Trost wird niemals froh,
die wahre Schuld betrübt ihn so.


13. Konrad von Würzburg: Winter


Winter uf der heide bluomen selwet

der mit froste velwet

anger unde walt

löuber ab der linden

risent von den windent

unde lazent dürre sich beschouwen

Diese not enclage ich niht so tiure

so daz aber hiure

schanden rife kalt

twinget mangen boesen

der mit tugent roesen

sollte sich in edeles herzen ouwen

Der meie wiederbringe bluomen

unde löuber in dem hage

so muoz der an eren iemer dorren

der sich hat verworren

alle sine tage

in der schanden stricke

von der sunnen blicke

mac sin herze in tugend niht betouwen


Übersetzung:


Winter bringt den Blumen böse Leiden,

Macht uns Wald und Heiden

Mit dem Frost ganz fahl.

Blätter weh'n im Winde,

Traurig steht die Linde,

Ach, so kahl und karg sind nun die Auen.

Aber noch viel mehr ist zu beklagen,

Dass in diesen Tagen

Droht der Schande Qual

Wieder manchem Bösen,

Der sich sollte lösen

Von dem Laster,

dem kann man nie trauen.

Der Mai, der bringt uns wieder Blumen

und auch Laub nach aller Klage

So muss der, der Bosheit wählt, vergehen,

Einsam wird er stehen

Alle seine Tage

In der Schande Ketten,

Keiner kann ihn retten,

Will sein Herz zur Sonne niemals schauen.



14. Walther von der Vogelweide: Weh dir Welt!


Sô wê dir werlt, wie übel dű stêst!

waz dinge dű alz an begeêst,

die von dir sint ze lîdenne ungenaeme!

dű bist vil naâch gar âne scham,

got weiz wol, ich bin dir gram:

din art ist elliu worden widerzaeme.

waz êren hâst uns her behalten?

nieman siht dich fröiden walten,

als man ir doch wilent pflac.

wê dir, wes habent diu milten herze engolten?

fir diu lopt man die argen rîchen.

werlt, dű stêst sô lasterlîchen,

daz ich ez niht betiuten mac.

triuwe und wârheit sint vil gar bescholten,

daz ist ouch aller êren slac.


Nű wachet uns gêt zuo der tac

gegen dem wol angest haben mac

ein ieglich kristen juden unde heiden

wir hân der zeichen vil gesehen

dar an wir sîne kunft wol spehen

als uns diu schrift mit wârheit hât bescheiden

diu sunne hât ir schîn verkêret

untriuwe ir sâmen űz gerêret

allenthalben zuo den wegen

der vater bî dem kinde untriuwe vindet

der bruoder sînem bruoder liuget

geistlich orden in kappen triuget

die uns ze himel solten stegen

gewalt gêt űf reht vor gerihte swindet

wol űf hie ist ze vil gelegen.


Übersetzung:


So weh dir, Welt, Du üble Welt.

Um dich ist's wahrlich schlecht bestellt,

Du gibst uns allen Grund, uns zu beklagen

Du lässt uns bluten gnadenlos,

Gott weiß es längst, mein Zorn ist groß,

Dein Anblick ist ja kaum noch zu ertragen.

Welch Ehre hast du denn behalten?

Wo sieht man Glück und Freud' noch walten,

So wie in mancher guten Zeit?

Wer freudig gibt, der bekommt das niemals vergolten.

Heut' preist man laut den Geiz der Reichen,

Die uns doch ihre Hand nie reichen,

Wenn du sie brauchst, dann blüht nur Streit!

Treue und Wahrheit, die werden gescholten,

Welt, du verbreitest nichts als Leid!


Nun wacht schon auf! Jetzt kommt der Tag,

Der Tag, den jeder fürchten mag,

Wir alle, Christen, Juden und auch Heiden.

Habt Ihr die Zeichen nicht geseh'n,

Nun wird es bald zu Ende geh'n,

Die Schrift hat uns verkündet solche Leiden!

Die Sonne hat den Glanz verloren,

Die Redlichkeit ist längst erfroren,

Bosheit bleckt uns frech entgegen.

Wenn Kinder sich schon gegen Eltern wenden,

Der Bruder selbst beim Bruder lügt,

Sogar die Geistlichkeit betrügt,

Statt uns zu schenken Heil und Segen!

Gewalt regiert, Gerechtigkeit soll enden!

Steht auf! Ihr habt zu lang gelegen!



17. Nachrede (Sachsenspiegel)



16. Wizlaw von Rügen: Geh deinen Weg


Ich warne dich, vil junger man gezarte,

halt milden muot,

Waz dir dâvon heiles geschiht, nu warte,

daz dű bist guot.

Dem valschen râte dű entwîche:

die heiligen enpfân dich algelîche,

dîn schoene sêle in Gotes hôhe rîche.


Ich mahne dich, du junger Mann, so zarte,

Bleib mild und gut.

Geh deinen Weg, was immer dich erwarte,

Bewahr den Mut!

Lass dir nicht falsche Dinge raten,

Bleib stets gerecht bei allen Taten,

Dann öffnet sich des Himmels Garten.