
Minnesang.com
Dr. Lothar Jahn
Guderoder Weg 6
34369 Hofgeismar
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Hoch über St. Marien liegen die Weinberge von Freyburg: Auch sie tragen zur einzigartigen Atmosphäre bei.

Susanne Ansorg:
Sie organisiert das Festival, ist aber mit ihrer Fidel sehr oft auch
selber künstlerisch aktiv. In diesem Jahr mit dem
Montalbâne Ensemble, mit Ala Aurea und als Begleiterin von
Jörg Peukert

Jörg Peukert:
Der Burgherr der Neuenburg findet bei seinen Anmoderationen wieder genau
die richtigen Worte. Mit beeindruckender Stimme rezitiert er
mittelalterliche Texte.
FESTIVAL-CD
Zum
20-jährigen Jubiläum des Festivals erschien eine CD des
Ensembles "Les Haulz et les Bas". Nachempfunden wird hier die Musik der "Alta Capella", also
Musik, die vor allem der städtischen Repräsentation diente.
Da kam es auf Lautstärke und Glanz an, aber auch auf
Virtuosität, denn schließlich wollten wichtige Ereignisse
feierlich begangen sein und auch die Musik war ein Aushängeschild.
Die hier vorgestellten Beispiele reichen vom archaischen Quintklang bis
hin zum fast schon symphonischen Arrangement. Denn die international
formierten Blasmusiker um das charismatische Musikerpaar Ian Harrison
und Gesine Bänferbeschränken sich natürlich
nicht nur auf die repräsentative Pflicht. Als Kür kommt eine
unbändige Spielfreude hinzu, ja, eine wahre Lust am
Experimentieren mit dem musikalischen Material. (lj)
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Am 1. Juliwochenende ist auf Burg Falkenstein im Ostharz wieder
Minneturnier. Diesmal singen ausschließlich Frauen: Noemi La
Terra, Karina Benalcazar, Christine Zienc, Klara vom Querenberg und
Korydwenn stehen im Wettbewerb. Es gibt ein schönes
Rahmenprogramm. Mehr hier:
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Montalbâne 2017:
enstpannt und charmant
Auf den Spuren der Minne und der Meister
Unter
dem Motto "Tandaradey - Minnesang und Meistermusik" fand vom 16. bis
18.6. das
Montalbâne-Festival im Wein-Städtchen Freyburg/Unstrut nun
bereits zum 27. Mal statt. Montalbâne ist Deutschlands
bedeutendstes Festival für die anspruchsvolle höfische und
geistliche Musik des Hochmittelalters.
Das
Festival startete "très charmant", die Gruppe Obsidienne aus
Frankreich widmete sich der Carmina-Burana-Überlieferung. Kritik
an der Geldgier, an der kirchlichen und weltlichen Obrigkeit,
Liebessehnsucht und Liebeslust, die Freuden (und Auswüchse) des
exzessiven Alkoholkonsums, immer mit einer deutlichen Verbeugung vor
der idealisierten Kultur des griechischen Altertums: all das wurde von
der höchst sympathischen französischen Gruppe in
mittelalterlicher Gewandung plakativ auch szenisch auf die Bühne
gebracht. Aus fast allen "Hits" der Liedersammlung aus Benediktbeuren
gab es ein Appetithäppchen, das ganze hätte stellenweise
vielleicht ein wenig mehr Tiefgang vertragen. Doch die rustikale
Vorführung riss mit der ihre Spielfreude und Lebenslust, und das
viele Sprechtexte in deutscher Sprache vorgetragen wurden, die in der
Originalfassung der Inszenierung eigentlich französisch
aufgeführt werden, war eine sehr schöne Geste.

Obsidienne sangen die Carmina Burana
Besinnlich
wurde es am selben Abend beim Mitternachtskonzert auf der Neuenburg:
die Sopranistin Sabine Lutzenberg und der Flötist Norbert
Rodenkirchen huldigten Meister Frauenlob. "In vergessenen Tönen"
hieß das Programm mit Spruchgesängen des schon in seiner
Zeit gefeierten Sängerdichters. In der Doppelkapelle wurde die
mystische Atmosphäre dieser herrlich dahinfließenden Musik
besonders deutlich.

Henry Hope und Marc Lewon
Der
zweite Tag begann im Festsaal der Neuenburg mit einem Vortrag von Henry
Hope und Marc Lewon: Die beiden Wissenschaftller zeigten auf, wie
unterschiedlich man Lieder des Minnesangs darbieten kann. Dabei wurde
aber auch deutlich, wie stark Aufführungstraditionen und
Stückauswahl durch Referenzaufnahmen geprägt werden, an denen
sich andere Interpreten oft kritiklos orientieren, ohne die dort
getroffenen Entscheidungen am Originalnotentext zu
überprüfen. Ein besonders markantes
Beispiel ist Wizlaws "Loibere risen": Das Gros der Einspielungen
orientiert sich an der Version von Thomas Binkleys Studio der
Frühen Musik. Hope machte aber deutlich, das auch ganz andere
Versionen denkbar sind: So verzichtet die Version von Frank Wunderlich
auf die von fast allen Nachahmern eingefügten zusätzlichen
Vorzeichen, die die Melodie in gefällige Durgefilde
herüberholt. Els Janssens-Vanmunster stellte am Klavier eine
völlig andere Bearbeitung des Liedes aus der Romantik vor, in der
das Lied fast schon die Qualitäten eines Schubertliedes bekam.
Marc Lewon setzte sich in seinem Vortragsteil mit der Neidharttradition
auseinander, was er am Nachmittag in der Kirche St. Marien mit seinem
Ensemble Leones aufführungspraktisch untermauerte. Im ersten Teil
des Konzertes erklangen die frühen "Neidharte" der Frankfurter
Handschrift aus den 13. Jahrhundert, im zweiten Teil markante Beispiele
der späteren Neidhart-Überlieferung. Die Unterschiede wurden
zugespitzt durch die Verwendung verschiedener Aussprachen und das
eingesetzte Instrumentarium. Ein ebenso anrührendes wie
lehrreiches Konzert!

Die Interpreten der Nacht der Sänger
Auch
bei der schon mehrere Tage im Voraus ausverkauften "Nacht der
Sänger" auf der Neuenburg verkörperte Marc Lewon Neidhart und
stellte dessen Kreuzlieder vor, die in ihrem Realismus einen angenehmen
Gegenpol zur Kreuzzugspropaganda anderer Minnesänger darstellen.
Zur selben Zeit waren in drei anderen Räumen der Neuenburg weitere
Sänger aktiv. Das Publikum wurde in der Form eines Wandelkonzertes
von Ort zu Ort geführt, jeder Interpret musste also sein Konzert
viemal darbieten. Robert Weinkauf und Hagen Seidel führten mit
viel theatralischem Talent in den Sittenspiegel "Der Ring" ein, der
kein gutes Haar an der "heiligen Ehe" lässt. Martin Uhlig und
Robert Schuchardt widmeten sich dem trauernden und alternden Heinrich
von Morungen: Uhlig stellte in der Rolle von Morungens Fiedler seinen
Herren als gebrochenen Mann vor, Schuchardt sang Morungens Lieder in
stimmigen Kontrafakturen aus Uhligs Feder auf anrührende Weise.
Derweil ging es im Weinkeller eher derb zu: Jörg Peukert
rezitierte auf ebenso schaurige wie launige Weise aus dem "Parzival"
und dem "Nibelungenlied", sehr zum Schrecken der anwesenden Musiker
schilderte er, wie Hagen von Tronje einem Fiedler die Hand abhackt.
Alle Akteure fanden sich anschließend noch einmal auf einer
Balustrade zusammen, um Walthers Lindenlied anzustimmen –
schließlich ist das "Tandaradey" aus dem Lied das
diesjährige Festivalmotto.
Spätabends dann führe Maria Jonas mit ihrem Ensemble Ala
Aurea in die Welt der Gralsbotin Kundry ein, die ebenso furchterregend
wie faszinierend dargestellt wird: Ihr Programm "Cundrîe la
Surziere" zeigte, das sich hinter der schaurigen Fassade aber eine Frau
voller Mitgefühl und Nächstenliebe verbirgt.
Eine
weitere Figur, deren Sicht uns durch Richard Wagners Opernschaffen
getrübt wurde, ist der "Tannhäuser". Holger Schäfer und
Lothar Jahn widmeten sich am Sonntagmorgen nach dem Festgottesdienst
diesem Minnesänger, der schon kurz nach seinem Tode sagenhaft
verklärt wurde. Schäfer intonierte dabei solistisch, zur
Harfe oder zu Jahns Begleitung auf der maurischen Laute
Tannhäusers Lieder in Melodien, die dem Tannhäuser
zugeschrieben werden. Jahn zeigte auf, was man aus seinen Liedern
über das Leben des Sängers erschließen kann.

Dr. Lothar Jahn und Holger Schäfer beim Tannhäuser-Vortragskonzert
Nachmittags
gab es mit dem Auftritt von Tasto solo einen Einblick in die Musik des
15. Jahrhunderts: Mit großem Ernst und atemberaubender
Virtuosität führten die Musiker in die Kompositionen des
Buxheimer Orgelbuches ein. Besonders beeindruckend war das Musizieren
der Tastenvirtuosen David Catalunya (Clavisimbalum) und Guillermo
Pérez (Portativ). Pérez leistete auch das Konzert, das
auch durch den zweistimmigen Gesang von Barbara Zanichelli und Albert
Riera bestach, deren Stimmen auf wunderbare Weise zu einer Einheit
verschmolzen.
Zum Abschluss waren dann die Macher von Montalbâne selbst am Zug:
Das Montalbâne-Ensemble nutzte das Lutherjahr, um die
vielfältigen musikalischen Bezüge in Luthers musikalischem
Schaffen deutlich zu machen: liturgische Gesänge, die von Luther
eingedeutscht wurden, Volkslieder und Tänze, gewürzt mit
Kommentaren von Luther selber oder seinen Zeitgenossen. Vor allem die
mehrstimmigen Gesänge, aber auch die raffinierte und höchst
abwechslungreiche Umsetzung der Tanzmusik überzeugten. Am Ende des
Konzertes gab es noch ein besonderes Glanzlicht: Die Sängerin
Miriam Andersén trug Lutherlieder in schwedischen Nachdichtungen
und Neuvertonungen vor. Das wunderbare und entspannte Festival ging zu
Ende mit dem Lied "Freyburg, ich muss dich lassen". Ein Wiedersehen
soll es natürlich auch geben, dies aber nicht in Freyburg, sondern
im Kloster Pforta, wo Montalbâne 2018 ausnahmsweise stattfinden
wird.
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MONTALBANE 2017
Das Programm

Freitag, 16. Juni
20 Uhr | Stadtkirche St. Marien | Eröffnungskonzert
OBSIDIENNE (F)
Carmina Burana
24 Uhr | Doppelkapelle Neuenburg | Mitternachtskonzert
SABINE LUTZENBERGER & NORBERT RODENKIRCHEN (D)
In vergessenen Tönen: Die Sangsprüche Meister Frauenlobs
Begrenzte Platzkapazität – Vorbestellung erforderlich!
Sonnabend, 17. Juni
11 Uhr | Festsaal Neuenburg | Podiumsdiskussion
Marc Lewon (D) & Henry Hope (GB)
Minnesang und Spruchdichtung: Wie kommt ein mittelalterliches Lied auf die Bühne?
Ein Erfahrungsaustausch zwischen internationalen Wissenschaftlern und Musikern des Festivals.
15 Uhr | Stadtkirche St. Marien | Konzert
LEONES (D, F, B, LV)
Neidhart: Unerhörtes aus Reuental & Herr Neidhart diesen Reihen sang
19 Uhr | Schloss Neuenburg | Sonderkonzert
NACHT DER SÄNGER
>>>> ausverkauft
22:30 Uhr | Konzertscheune Schloss Neuenburg oder Stadtkirche St. Marien (Schlechtwettervariante) | Nachtkonzert
ALA AUREA (D/I)
Cundrîe la Surziere
Sonntag, 18. Juni
10 Uhr | Stadtkirche St. Marien
Festgottesdienst mit Lutherchorälen

12 Uhr | Gemeindesaal Freyburg | Vortrag
Dr. Lothar Jahn & Holger Schäfer
Der historische Tannhäuser
weitere Informationen
15 Uhr | Stadtkirche St. Marien | Konzert
TASTO SOLO (E)
Das Buxheimer Orgelbuch
weitere Informationen
19 Uhr | Stadtkirche St. Marien | Abschlusskonzert
MONTALBÂNE ENSEMBLE feat. Miriam Andersén (D)
Die Wittembergisch Nachtigall in Schweden
Rückweg von der Kirche St. Marien
Fotos:
Dagmar Jahn, Dr. Lothar Jahn, Cornelia Ilse, Holger Schäfer
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